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Der Haarbach

Der Haarbach durchfließt weitgehend unverrohrt den nordwestlichen Aachener Talkessel. Seine Gesamt-Länge beträgt fast neun Kilometer und auf dieser Stecke bietet er sehr abwechslungsreiche Abschnitte. Seine frühere Hauptquelle entsprang beim ehemaligen Driescher Hof in Aachen Forst.

Der Driescher Hof war ein münsterisches Ritterlehen, hatte aber auch Liegenschaften auf Schönforster Gebiet, das zu Jülich gehörte. Später gelangte der Driescher Hof in den Besitz des Aachener Dominikanerklosters. 1858 brachte der Aachener Tuchfabrikant Johann Arnold Bischoff den Driescher Hof in eine gemeinnützige Stiftung ein, die die Stadt Aachen verwaltet. Der Hof verschwand bei der Errichtung des neuen Wohngebietes, das weiterhin diesen Namen trägt.

Oberlauf des Haarbachs auf einer Karte um 1900

Das (trocken liegende) Bett des Haarbachs zwischen Neuenhof und Trierer Straße: eingeklemmt zwischen Autobahn und neuem Obimarkt.

Heute beginnt der unverrohrte Lauf des Haarbachs in den Wiesen zwischen Autobahn und Debeyestraße bei Gut Neuenhof. Zwar gibt es auch oberhalb noch einen Bachlauf, doch liegt er meistens trocken und ist kaum erkennbar.

Die Entstehung von Gut Neuenhof (nicht verwechseln mit den beiden anderen Aachener Landgütern gleichen Namens!) ist unbekannt, urkundlich wird es erstmalig 1460 in einem Rechtsstreit erwähnt. Der Inhaber des Neuenhofs bezieht sich darin auf eine Urkunde von 1269, die ihm die Waldnutzung auf (korneli-)münsterischem Boden erlaubte. Ursprünglich markierte der Schornstein des zum Gut gehörenden Backhauses einen Grenzpunkt der Gerichtsbezirke Kornelimünster, Eilendorf und Schönforst.

Die erste Mühle am Haarbach befand sich zwischen Gut Neuenhof und dem Haarhof. Die „Harner“ Mühle wurde erstmalig zwischen 1229 und 1331 als „molendino harne“ erwähnt. Ein Plan von 1646 zeigt die „Harnermühl“ zwischen Neuenhof und Haarhof und war dem letzteren wahrscheinlich zugehörig. Das Gebäude der Mahlmühle mit oberschlägigem Rad, soll noch 1996 als Stall des Haarhofs genutzt worden sein.

Weiter fließt der Bach offen in Richtung Eilendorf bis er heute kurz vor dem Eilendorfer Markt unterirdisch in Rohren weiter geführt wird. Nördlich des Marktes, an dem Gässchen „Am Bach“ taucht er wieder auf, verläuft in Richtung Birkstraße und zeigt in diesem Abschnitt, hinter dem Friedhof bis zum Bahndamm, ein besonders naturnahes, attraktives Erscheinungsbild. Nach der Unterquerung des Bahndamms nimmt der Bach seinen Verlauf entlang des Nirmer Platzes. Auf diesem Abschnitt besitzt er nun eher das Bild eines Industriebachs. Am Nirmer Platz ist für die nahe Zukunft eine Renaturierung geplant, für die Anwohner und ganz besonders natürlich die Kinder wird dies sicherlich eine Bereicherung sein.

Nahe dem Nirmer Platz, am Schuttenhofweg 232, stehen die Gebäude der „Nirmer Mühle“, auch Fingerhut- oder Vinkenmühle genannt. Das eigentliche Mühlgebäude wurde kurz nach 1835 abgerissen und der Mühlweiher um 1920 zugeschüttet. Heute dienen die verbliebenen Gebäude Wohnzwecken.

In diesem Bereich mündete auch einst der Kleebach in den Haarbach. Vom Kleebach erzählt heute jedoch nur noch ein Straßenname. Er verschwand mit der Bebauung Eilendorfs.

Anschließend fließt der Haarbach geradlinig auf die Eilendorfer Kläranlage zu und dient dieser als sogenannter „Vorfluter“. Das bedeutet, sie fließt an der Kläranlage vorbei und nimmt die gereinigten Abwässer auf. Kurz vorher mündet der Rödgerbach in den Haarbach und erhöht die Abflussmenge.

Flurkarte von Nirm von 1825 (unten Haarbach; rechts Rödgerbach, links Kleebach)

Auf den Gelände der 1979 errichteten und 1993 erweiterten Kläranlage stand früher die „Scheidmühle“. Der Name dieser Mühle besagt, dass sie an der Grenze (Scheid) zum Aachener Territorium stand. 1588/1592 wird sie erwähnt als „Muhlgen im scheidtbruech“, Vor 1812 wurde sie als Mahlmühle genutzt, ab 1835 war sie Nadelschauermühle, wurde also zum Polieren von Nadeln eingesetzt. Danach wurde sie in eine Tuchrauherei umgewandelt und diente ab 1911 der Produktion von Billardtuchen. Nach 1969 wurde die Mühle abgerissen.

Der folgende Bachabschnitt wurde 2014/5 auf rund 380 m renaturiert. Da der Bach in diesem Bereich (u.a. durch die begradigte Wasserführung) stark in das Gelände eingeschnitten hatte, mußten große Erdmassen abgegraben werden, damit eine neue Auenlandschaft mit mäandrierendem = natürlich geschlängelten Bachlauf entstehen konnte. Die zukünftige Entwicklung darf mit Spannung beobachtet werden.

Ein Stück weiter bachabwärtes, an der Kahlgrachtstraße 54, steht noch heute die „Kahlgrachtmühle“. 1453 erstmalig erwähnt, wurde sie ursprünglich als Mahlmühle genutzt. Ab der Mitte des 16.Jahrhunderts wird sie als Kupfermühle bis etwa 1670 betrieben. Danach diente sie wieder als Mahlmühle bis zur Einstellung des Betriebs wegen Kriegsschäden im Jahr 1944. Zuletzt besaß die Mühle ein oberschlägiges Eisenrad.

Kurz vor der Autobahn-Unterquerung stößt der Bachwanderer auf ein großes Betonbauwerk, durch das sich der Haarbach hindurchzwängen muss. Es ist die Staumauer eines großes Rückhaltebeckens, welches die Ortslage Haaren vor Überschwemmungen bei Hochwasser schützt. Leider wurde das Becken sehr naturfern angelegt . Auch können Fische hier nicht mehr weiter bachaufwärts schwimmen, was u.a. für den biologischen Austausch ein großer Nachteil ist.

Auf dem folgenden Bachabschnitt bis Haaren wurde der Haarbach bereits 1987 ’naturnah ausgebaut‘. Leider lag die Betonung auf Ausbau und so wurden bestehende Mäander durchstoßen, Steilufer mit Steinschüttungen befestigt und mit Erlen bepflanzt. Dadurch wurde die natürliche Dynamik des Baches eingefroren und es gingen Nistwände für Eisvogel und Insekten verloren. Begründet wurde die Maßnahmen mit dem Schutz von Autobahnpfeilern und Weg gegen Unterspülungen.

Die letzte Mühle am Haarbach ist die „Welsche Mühle“ in Haaren. Sie ist die einzige Mühle in Aachen, deren oberschlägiges Mühlrad noch in Funktion bewundert werden kann. Ihre erste Erwähnung findet die Mahlmühle 1452. Im Laufe der Geschichte wird sie auch Mühle zu Ober- oder Überhaaren genannt. Bis 1961 wurde sie noch betrieben, war aber da schon in schlechtem Erhaltungszustand. In den 1970er Jahren wurde die Mühle  – inzwischen städtischer Besitz  – restauriert, doch erst seit 2008 konnte dank des Haarener Heimatvereins auch ein Mühlrand mit angeschlossenem Getreidemahlwerk wieder in Betrieb genommen werden.

Der Haarener Markt mit offen fließendem Haarbach

Mündung des Haarbachs in die Wurm

(Januar 2016)