Die Zuflüsse zum Hangeweiher
Mehrere kleine Bäche führen dem Hangeweiher ihr Wasser zu. Der bedeutendste davon ist die Pau. Ihre Quelle liegt in einem Stollen am Eberburgweg, in der Nähe von Gut Weyern. Das Quellwasser wird hier gefasst und direkt unterirdisch in einer Verrohrung abgeführt. Erst beim Colynshof kommt das Wasser ans Tageslicht – um nach kurzer Fließstrecke wieder im Untergrund zu verschwinden. Zutage tritt es dann erneut am Tritonenbrunnen (bzw. im Winter ein Stück weiter unterhalb). Diese imposante Brunnenanlage des griechischen Meeresgottes wurde 1906 von Professor Karl Burger erschaffen und zierte ursprünglich den Vorplatz des Hauptbahnhofs. 1923 wurde der Brunnen an seinen heutigen Standort versetzt.
Von hier fließt die Pau/Paunelle in einem auf beiden Seiten von Straßen eingefassten schmalen Tal dem Hangeweiher zu. Zu Beginn der 1920er Jahre wurde der Kaiser Friedrich-Park um diesen Talzug als grüne Verbindung zum Stadtrand hin erweitert und ist somit – wie der gesamte Park – als Gartendenkmal geschützt. Verbunden damit dürfte bereits damals eine Gestaltung und kontinuierliche Pflege gewesen sein. Zuletzt allerdings unterblieben die Pflegeeingriffe und vor allem die Gehölze konnten sich entsprechend den Gesetzen der natürlichen Sukzession ausbreiten, der Parkcharakter verschwand. Manche Menschen nennen diesen Prozess auch „zuwuchern“ oder „verwilderndes Gestrüpp“ – und Wildnis wird in unserer zivilisierten Umwelt nun mal nicht toleriert und mit „verwahrlost“ gleichgesetzt.
Tatsache war aber ebenso, dass es vielfach nicht-heimische, standortfremde Ziergehölze und –stauden waren, die sich massiv ausgebreitet hatten. Und das massenhafte Vorkommen von Brombeere verwies letztendlich auf einen gestörten Standort. Der Bachlauf verschwand vollständig aus dem Blick der vorbeieilenden Menschen, man mußte sich schon durch das dichte Gebüsch zwängen, wollte man ans Wasser gelangen. Ein weiteres Problem: viele Zeitgenossen verstehen solche naturnahen Bereiche als Aufforderungen, hier ihren Müll zu entsorgen, was deren Akzeptanz bei Anwohnern und Passanten nicht eben fördert. Auf der anderen Seite entstanden ungestörte Nist- und Ruheplätze, insbesondere für unsere heimische Vogelwelt. Bäume durften krumm wachsen, morsche Äste ausbilden und auch mal umfallen. Das Totholz verblieb vor Ort und so bildeten sich weitere ökologisch hochwertige Kleinlebensräume, die in einer gepflegten Parkanlage Fehlanzeige sind.
Anfang 2018 rollten dann die Bagger an, es wurde „aufgeräumt“. Die brombeer- und gehölzüberwucherten Flächen wurden freigeräumt, alles was krumm, tot und nicht adrett wirkte beseitigt oder zurechtgestutzt. Anschließend wurde neu gestaltet: offene Parkrasenflächen ebenso wie blütenreiche Wiesenflächen (die sich allerdings erst noch entwickeln müssen), typische Parkelemente mit Bänken und den allseits beliebten und ebenso pflegeleichten wie sterilen Rhododendren. Auch ein paar neue Bäume wurden gesetzt und mehr oder weniger standorttypische Stauden am Bachufer. Bei den Maßnahmen standen klar denkmalschützerische Aspekten im Vordergrund, die zu Lasten der ökologischen Bedeutung des Bachtals umgesetzt wurden. So wurde leider nichtmal kleinräumig dichtes Gebüsch als Vogelschutzgehölz belassen und auch das ökologisch so wertvolle Totholz beseitigt. Insgesamt war es jedoch keine ökologische Katastrophe und unbestreitbar hat die Aufenthaltsqualität für den Menschen gewonnen und es ist schön, dass der Bach als ureigenes Element wieder wahrgenommen wird. Dieser schlängelt sich nach wie vor naturnah durch das Tal, wie es sonst nur wenigen stadtnahen Bächlein vergönnt ist. Da die Pau/Paunelle auf diesem Teilstück kaum Verbau vorweist und auch die Wasserqualität stimmt, kann ein kundiger Naturforscher allerlei bachtypische Kleintiere wie Flohkrebse, Strudelwürmer, Eintags- und Köcherfliegenlarven am Grund entdecken. Daran haben auch die Rodungs- und Baumaßnahmen wenig geändert.
Letztendlich aber bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich das Bachtal in den nächsten Jahren entwickeln bzw. entwickelt wird. Das wird vor allem auch von der Intensität und Art der Pflegeeingriffe abhängen.
Leider endet dieser Kleinlebensraum „Fließgewässer“ am sogenannten „Seerosenteich“, der auch nach der Umgestaltung nichts anderes ist, als eine verschlammte Bachaufweitung. Danach muss das Wasser erneut eine Verrohrung durchfließen, bevor es ab dem Aussichtsrondell oberhalb des Hangeweihers über künstlich geschaffene Kaskaden dem Stauweiher zufließt. Schade, dass man 2018 nicht die Möglichkeiten genutzt hat, hier den Bachlauf ein Stück weiter offen zu legen.
Kurz bevor die Pau unter der kleinen Bogenbrücke hindurch in den Hangeweiher strömt, nimmt sie noch das Wasser des Klotzweider Bachs auf. Von Nordwesten her fließt zudem der Kannegießerbach – ebenfalls unterirdisch – am Bootshaus dem Weiher zu. An diesem nördlichen Ende des Weihers wird die Pau weiter Richtung Goethestraße geführt. Von nun an bleibt sie verrohrt bis zu ihrer Mündung in die Wurm am Rehmplatz.
In historischer Zeit sah die Gewässersituation deutlich anders aus. Alten Karten zufolge nahm die Paunell (= kleine Pau) etwa den Verlauf des heutigen Bachlaufs vom Tritonenbrunnen bis in den Hangeweiher ein. Die Pau aber floss außen herum und westlich am Hangeweiher vorbei. Im Gelände ist dieser Talverlauf nicht mehr wahrnehmbar. Von Gut Klotzweide (heute unterhalb des Brüsseler Rings) her floss ihr der gleichnamige Bach zu. Da hier die Lohmühle lag, wurde der Bach auch Lohmühlenbach genannt. Die einstige Schleifmühle – die im 18. Jahrhundert in den Besitz von Cornelius Chorus kam – wurde um 1938 abgerissen. Lediglich der Name hat sich in der örtlichen Straße sowie der benachbarten Kleingartenanlage erhalten. Der Bach selber quert heute verrohrt die Kleingärten bevor er im Kaiser-Friedrich-Park in die Pau mündet.
Nur wenige Meter weiter, im Bereich der Hermann-Löns-Allee nahm die historische Pau den Kannegießerbach auf. Das gesammelte Wasser trieb die Mühlräder der Weißen Mühle an. Sie war zu Beginn eine Mahl- und später eine Spinnmühle. Auch von ihr ist nur der Name in der Kleingartenanlage geblieben.
Der Abfluss aus dem Hangeweiher kam größtenteils der Pau zugute, für die Paunelle blieb nur ein kleiner Rest. Dafür ‚durfte‘ die Paunell weiterhin weitestgehend ihrem natürlichen Verlauf folgen, während die Pau von hier aus in einem künstlichen Kanal bis ins Zentrum der Stadt geführt wurde. Auf ihrem weiteren Weg trieb sie sechs weitere Mühlen an und versorgte unzählige Gewerbebetriebe und Klosterweiher mit Brauchwasser. Für die wirtschaftliche Entwicklung Aachens war die Pau (neben dem Johannisbach) mindestens genauso wichtig wie die heißen Quellen, weshalb sie in historischen Dokumenten auch als „Reichsstrom“ (der freien Reichsstadt Aachen) bezeichnet wird.
(Januar 2019)
Von der Pau schreibt H. J. Groß (IN: Beiträge zur Geschichte des Aachener Reiches, Aachen 1894) und zitiert dabei den Archivar Meyer:
„… die Pau, welche eigens aus dreierlei Quellen bestehet, deren die erstere oberhalb dem Grundhaus am Aachener Wald, die andere oberhalb dem Colinshof nach der rechten Seite und die dritte hinter der Kuhschiess zur linken Seite aus einem Sandberg ihren Ursprung nimmt und an dem Rosthor hineinfallet.“
Letztere Quelle floss anfangs durch das Burtscheider Gebiet. Ein Aachener Nähnadelfabrikant, Cornelius Chorus, welcher viel Wasser zu seiner Schleifmühlen brauchte, erbot sich dem Rathe, er wolle die Quelle auf seine Kosten mit der Pau vereinigen. Der Rath liess im Jahre 1718 den Lauf derselben durch zwei Rathsherrn und einen Burtscheider Schöffen in Augenschein nehmen und nach deren Bericht das Wasser mittels eines unterirdischen Kanals in die Pau leiten. Dadurch fand sich aber die Abtissin von Burtscheid in ihrer „habenden gerechtigkeit“ gekränkt und untersagte den Bau des Kanals. Weil jedoch die Gutachten der vom Rathe befragten Juristen zugunsten der Stadt ausfielen, setzte Letzterer seine Absicht durch. Man verständigte sich endlich am 24. Oktober 1720 mit der Äbtissin dahin, dass jene Quelle in die Pau fliessen dürfe, dagegen jedes andere auf Aachener Gebiet entspringende Wasser seinen natürlichen Lauf behalten solle.
„Der andere“ (Bach), fährt Meyer fort, „weil er weit schwächer, nennet sich die Paunell. Dieser erwachset aus den verschiedenen Quellen und Rinnen, welche sich in den zwischen dem Colins- und Hunnenhof gelegenen wässerichten Wiesen und so weitere zur Stadt zu ergeben und sich allgemein zu einem kleinen Bach vereinigen. Dieser strömt an dem Paunellenthurm, so von ihm seinen Namen hat, zur Stadt hinein. …“