Skip to main content

Der Johannisbach II

Sein unterirdischer Verlauf im Stadtzentrum

Es klappert die Mühle

Im Mittelalter wurde das Wasser der Bäche in vielen Teichen aufgestaut und über Gräben zum Betrieb von Mühlen eingesetzt. Sechs Mühlen standen zeitweilig an den Ufern des Johannisbaches. Auch nachdem die Dampfkraft die Wasserkraft entbehrlich machte, wurde das kalkarme und daher weiche Wasser für die Tuchfabrikation, für Färbereien oder die Versorgung der Dampfmaschinen benötigt. Die Mühlenstandorte bildeten die ersten Zentren der frühen Industrialisierung der Stadt und waren mitentscheidend für ihre Entwicklung.

Auf die Pottenmühle (6) verweist nur noch der Straßenname. Sie bestand seit mindestens 1423. Zuletzt beherbergte sie bis in die 60er Jahre eine Fabrik des Industriellen Koelmann zur Herstellung von Blockeis, mit dem früher die „Eisschränke“ gekühlt wurden.

Über die Straße „Im Johannistal“ gelangt man zur Schanz, einem kritischen Geländepunkt im Verteidigungsring der Stadt zwischen Jakobstor und Junkerstor. Vor der Stadtmauer lag die Junkersmühle (7) mit ihrem großen Mühlteich. Sie erscheint bereits im Jahre 1364 in den Urkunden und war von alle Mühlen am längsten in Betrieb. 1804 wurde sie in eine Stecknadelfabrik nach englischem Vorbild umgewandelt. Nach dem ersten Weltkrieg musste sie der neuen Verkehrswege-Planung weichen.

In der ehemaligen Gehörlosenschule an der Schanz befindet sich heute das Welthaus. Es beherbergt zahlreiche Vereine und Initiativen aus den Bereichen Umwelt- und Entwicklungs-Politik, Familienberatung und alternatives Wirtschaften, darunter auch das Ökologie-Zentrum Aachen e.V.

Gut bewacht

Von der Vaalser Straße verläuft der Bach parallel zur Junkersstraße bis kurz vor dem Pfaffenturm (8). Hier gelangte der Johannisbach durch die äußere Stadtmauer von ca. 1320 in die Innenstadt. Die „Pfaffen“ des Münsterstifts waren für den Unterhalt der Wachmannschaft zuständig.

Direkt hinter der Ummauerung lag der Karlsweiher, der die Wasserzufuhr der Plattenbauchmühle (9) regulierte. Diese Mühle aus dem 16. Jhd. diente um 1817 als Walkmühle und Färberei und ihre Abwässer wurden in den Johannisbach geleitet. Später standen hier die Fabrik und die Villa des Industriellen Lochner, der 1857 auch die Junkersmühle mit den zugehörigen Wasserrechten aufgekauft hat.

Ein Bach mit vielen Namen

Die Lochnerstraße mündet auf den Karlsgraben, der den Verlauf der ersten Stadtbefestigung von ca. 1170 markiert. Von hier führt die Johanniterstraße leicht bergab auf den Lindenplatz. Der Name stammt von der Johanniter-Kommende, die letztendlich auch dem Bach seinen Namen gab.

Als der Johannisbach noch offen vorbeifloß, war hier eine sumpfige Niederung, in der erst spät gesiedelt wurde. Zuerst bauten Klöster ihre Niederlassungen auf. Später wurden hier die einfachen Arbeiter der Fabriken angesiedelt und zeitweilig auch das Schlachthaus.

In alten Zeiten nannte man den Johannisbach einfach „den Bach“, oder auch „Suylus“, was etwa „Schweinesuhle“ heißt. Später wurden verschiedene Bachteilstücke nach bedeutsamen Einrichtungen benannt, die an den Ufern lagen, z.B. „Junkersbach“, „Johannisbach“, „Annuntiatenbach“ und „Augustinerbach“. Das untere Stück hieß „Sandkaulbach“, im 15. Jhd. auch „Molengassenbach“. Bis ins 20. Jahrhundert hinein war er auch als „Hoddelebach“ (Hoddele = Lumpen) bekannt. Erst relativ spät hat sich der Name „Johannisbach“ für den gesamten Verlauf eingebürgert.

Atemholen an der Oberfläche

Seit 1999, zum ersten Mal nach mehr als hundert Jahren strömt hier am Lindenplatz (10), inmitten der Stadt, das Wasser eines Aachener Baches wieder offen sichtbar dahin. Die „Offenlegung“ wurde im Rahmen des Modellprojektes „Ökologische Stadt der Zukunft“ umgesetzt.

Die Rinne folgt auf einer Länge von rund 400 Metern dem natürlichen Weg des Baches und führt etwa die Hälfte der normalen Wassermenge. Das restliche Wasser fließt weiter unterirdisch ab, so daß es auch bei Hochwasser nicht zu Überschwemmungen kommt.

Mit einem Wasserstand von etwa sechs Zentimetern plätschert das Bachwasser in einer einen halben Meter breiten, gepflasterten Kastenrinne dahin. Sie ähnelt in ihrer Form den Mühlengräben früherer Jahrhunderte. Abdeckungen ermöglichen eine gefahrlose Überquerung der offenen Bachrinne. Blätter und andere Verunreinigungen werden von speziellen Sieben aufgefangen, die regelmäßig gereinigt werden. Im Winter wird aus Sicherheitsründen der oberirdische Abfluß gesperrt.

An der Ecke Trichtergasse stand die Malz- oder Schönforster Mühle (11). Sie bekam ihren Namen um 1460 von den Herren von Schönforst. Zeitweilig wurde hier das Malz für die Bier-Brauereien der ganzen Stadt bereitet. Zuletzt war sie ein Standort der Leder- und Tuchfabrikation.

Der offene Bachlauf führt über die Straßen Annuntiatenbach und Augustinerbach bis zur Pontstraße und weiter entlang der Neupforte bis zum Seilgraben. Hier verließ der Bach wieder den inneren Stadtbereich. Sein Wasser war inzwischen derart verschmutzt, daß es in Holzrinnen über den Stadtgraben gleitet wurde, um diesen nicht zu verunreinigen.

Die Sackmühle (12) lag bereits wieder außerhalb der Barbarossamauer. Sie wird in alten Urkunden von 1409 als „futtermoelen“ bezeichnet, zu der „ein koelhoff und baumgarten“ gehörte.

Wasser marsch

Auf der Ecke Seilgraben / Sandkaulstraße steht ein Brunnen mit einer hohen Steinsäule und vergoldeten Frauenfiguren. Die Hotmannspief (13) erinnert an einen einfachen Laufbrunnen, über den im Mittelalter die Bevölkerung mit Trinkwasser versorgt wurde. „Pief“, „Piif“ oder „Pyfen“ waren ursprünglich einfache große Holztröge, in die aus einer kleinen Säule beständig das Wasser lief. Der Brunnen war Mittelpunkt und Wahrzeichen eines alten, verkehrsreichen Stadtteils.

Erinnerung an bessere Zeiten

Kurz danach erreicht man die Komphausbadstraße (14). Sie war im 18./19. Jahrhundert das Badezentrum der Stadt, da hier mehrere heiße Thermalquellen liegen. Der Name aber deutet auf den Ursprung im Gewerbe, denn „Comp“ nannte man die großen Walkgefäße bei der Tuchverarbeitung. Das heiße Wasser war dem Vorgang sehr dienlich, die Abwässer wiederum landeten im Johannisbach.

Am Ende – ein Neuanfang

Die Untere Pletschmühle (15) aus dem 16. Jhd. lag kurz vor dem Zusammenfluss von Johannisbach und Paunelle. Als „pletschen“ bezeichnete man die Bearbeitung der Tuche.

Früher floß der Johannisbach in der Nähe des Kugelbrunnens (16) mit der Paunell zusammen, wenig weiter kamen die Wasser der Pau hinzu. Beim Kaiserplatz, dem tiefsten Punkt in der Innenstadt, verließen die vereinigten Bäche am Wasserturm (17) den äußeren Mauerring.

Heute treffen die Wasser von Johannisbach und Pau/Paunell in der Peterstraße zusammen. Außerhalb des Alleenrings vereinigen sie sich mit anderen Wasserläufen in der Wurm und erscheinen am Europaplatz (18) wieder an der Erdoberfläche.

(2004)

Die Erstellung dieser Webseiten, des Faltblattes über den Johannisbach sowie die Informationstafel am Lindenplatz 2004 wurden mit finanzieller Unterstützung der Stiftung für Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen, dem Ingenieurbüro Floecksmühle (Aachen), der ahu AG Wasser Boden Geomatik (Aachen) sowie weiteren Spendern ermöglicht.