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Der Wildbach

Der „Wilde“ aus Seffent

Der Wildbach ist einer der wenigen Aachener Bäche, die noch weitgehend offen und unverrohrt dahin fließen. Sein Quellgebiet, die „Sieben Quellen“ bei Seffent unterhalb von Laurensberg, sind ein seltenes und beeindruckendes Naturschauspiel. Von Seffent aus nimmt der Wildbach seinen Weg über Laurensberg durch die weite Kulturlandschaft der Soers, bevor er nach rund 6 km Fließstrecke bei der Abwasser-Reinigungsanlage in die Wurm mündet. Der wasserreiche und einst „wilde“ Bach war als Mühlengewässer und später für das Aachener Tuchgewerbe von großer Bedeutung. Sieben Mühlen mit einer Vielzahl von Stauweihern waren hier angesiedelt.

Der Quellbereich des Wildbachs wird „Sieben Quellen“ oder französisch „septfontaines“ genannt. Der Name erklärt sich daher, dass in einem der zwei großen Quelltöpfe sieben Quelleinläufe zu sehen sind. Vermutlich sind es aber mehr und ’sieben‘ ist gleichbedeutend mit ‚viele‘ Quellen. Die Quelltöpfe sind eine geologische Besonderheit und stehen daher unter besonderem Schutz. Das Wasser ist kristallklar und kalt. Darin wächst noch in großen Mengen Brunnenkresse. Auch der seltene Höhlen-Flohkrebs wurde früher hier gefunden. Bitte achten Sie die Einzigartigkeit dieses Ortes, steigen Sie nicht in die Quelltöpfe und halten Sie auch bitte Ihre Hunde fern!

Unmittelbar neben den Quelltopfen fließt dem Wildbach der vom Dreiländereck kommende Dorbach hinzu. Leider wird sein Wasser durch die landwirtschaftliche Nutzung seine Einzugsgebietes sowie durch Regenwasserzuleitungen zeitweilig stark verschmutzt. So erfährt auch der Wildbach unmittelbar hinter den Quellen seine erste Belastung.

Parallel zur Schurzelter Straße durchfließt der Wildbach in einem unzugänglichen Auwald und kurz darauf zweigt ein Mühlengraben zur ersten Mühle an seinem Verlauf ab. Von nun an wird sein Wasser ständig in einen natürlichen Bachlauf und einen Mühlengraben aufgeteilt werden, wobei sich beide Läufe immer wieder vereinigen, um sich gleich darauf wieder zu trennen.

Besonders für die Tuchindustrie war der Wildbach attraktiv: wegen seiner hohen Fließgeschwindigkeit und wegen des feuchten Klimas, das sich für die Bearbeitung der Tuche besonders gut eignete. Die meisten Mühlen entlang des Wildbach entwickelten sich von Mahlmühlen zu Spinnereien oder Färbereien, die bis in die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts in Betrieb waren. Noch Mitte der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts färbte sich regelmäßig der Wildbach in allen erdenklichen Farbschattierungen und erregte damit die Aufmerksamkeit des Ökologie-Zentrums, das sich daraufhin mit dem Thema Bachökologie zu beschäftigen begann.

Auf dem Gelände der Oberen Schurzelter Mühle stehen heute die Gebäude der Färberei Fußgänger, die im Juni 1992 geschlossen wurde. Bis 1681 wurde sie als Mahlmühle, danach als Kupfermühle, als Papierfabrik, als Fell-,  Öl-, Walk- und Farbholzmühle genutzt. 1842 wird die Mühle umgebaut zur Spinnerei und eine Dampfmaschine errichtet. 1871 beginnt die Nutzung als Textilfärberei, die ab 1891 unter dem Namen Fußgänger ein ganzes Jahrhundert arbeitete. Leider wurden mit der Umnutzung als Wohngebäude auch die vorgelagerten Wasserbecken zugeschüttet.

Die zum Gut Schurzelt gehörende Untere Schurzelter Mühle am Forellenweg begann ihre ‚Karriere‘ gleichfalls als Mahlmühle und beherbergte bis 1962 eine Färberei. Noch 1965 fand sich im Mühlgebäude ein mittelschlägiges Mühlrad, das die Kraft von acht Pferdestärken hatte.

Oberhalb und parallel zum Bach verläuft ein Mühlengraben. Er versorgte nicht nur die nächste Mühle, sondern viele Jahre auch eine Forellenzucht mit Frischwasser. Zuvor müssen allerdings beide Wasserläufe den Bahndamm unterqueren.

Zwischen Rathausstraße und Walkmühlenstraße in Laurensberg heißt ein neues Wohngebiet „Wildbacher Mühle“. Dieses Wohngebiet entstand nach dem Abriss der 1906 erbauten Spinnerei „Wienands, Casteel & Giesen“, die 1969 den Betrieb einstellte. Diese Spinnerei stand auf dem Gelände der alten Wildbacher Mühle, die schon 1420 in den Annalen der Stadt erstmals Erwähnung findet. Von dieser Mühle ist noch ein zweigeschossiges Gebäude aus dem Jahr 1754 erhalten, das den attraktiven Mittelpunkt des modernen Wohngebietes bildet. Von der Wildbacher Mühle ist bekannt, dass sie im Laufe ihrer Geschichte als Kupfermühle, Walkmühle, und Tuchspülmühle genutzt wurde.

Und weiter führt der Verlauf des Wildbachs Richtung Osten durch Laurensberg. Obwohl zwischen der Bebauung fast verschwunden, verläuft der Bauch überwiegend offen. Er steht damit im Gegensatz zu den vielen anderen Bächen im Talkessel, die vollständig verrohrt wurden.

Nach der Unterquerung des zweiten, als Spazierweg genutzten Bahndamms erreicht der Bach die offene Landschaft der Soers, die allerdings durch verkehrsreiche Straßen (A4 und Kohlscheider Straße) stark zerschnitten wird. Zunächst speist der Bach die Gräben rund um Schloss Rahe. Das Schloss wurde 1794 von dem Aachener Ratsherrn Gerhard Heusch anstelle einer alten Wasserburg errichtet und bot 1818, während des sogenannten Monarchenkongresses, an dem sich die gekrönten Häupter von Preußen, Österreich und Russland in Aachen trafen, dem Zaren Alexander eine repräsentative Unterkunft.

Unmittelbar neben dem Schloß Rahe stand die Rahe-Mühle. Erstmals 1525 erwähnt, wurde sie im 17. Jahrhundert nacheinander als Kupfermühle, Nadelpolier- und Schleifmühle genutzt. Ab 1767 findet sie nur noch als Mahlmühle Erwähnung. 1912 brannte die Mühle bis auf die Grundmauern nieder und wurde wieder aufgebaut, wobei die Antriebskraft Wasser durch Strom ersetzt wurde. Bis in die 90er Jahre des 20sten Jahrhunderts war sie als Getreide- und Futtermühle in Betrieb. Danach lag das Gelände lange Zeit brach bis es in jüngster Zeit zu einem attraktiven, aber auch dicht bebauuten Wohnkomplex umgebaut wurde. Dabei wurde auch der dahinter liegende Mühlenteich leider zugeschüttet.

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(Januar 2016)