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Die Pau und die Paunelle

Pau und Paunelle auf einem alten Stadtplan („Steenwijk-Plan“), ca. 16. Jhd. – der Verlauf der Bäche ist allerdings nicht ganz korrekt wiedergegeben

Die drei Bäche der mittelalterlichen Stadt waren die Pau, die Paunelle und der Johannisbach. Der letztere hatte lange Zeit einen sehr schlechten Ruf, weil er besonders die Abwässer der Stadt abtransportierte. Vor allem die Pau diente als Frischwasserbach und hat sich im Gedächtnis vieler Aachener eingeprägt als Wasserlieferant für die Taufkapelle am Dom. „Mit Pauwasser getauft“ zu sein, betonen so manche geborenen „Öcher“.

Verwirrung herrscht immer wieder um die Bachläufe von Pau und Paunelle. Es handelt sich dabei eigentlich um einen einzigen Bach, der aber schon vor sehr langer Zeit, spätestens seit den Karolingern, künstlich umgeleitet und entlang des Hanges unterhalb der Lütticher Straße in Richtung Rostor am heutigen Hubertusplatz geführt wurde. Sinn dieser Umleitung war es, frisches Wasser in den Bereich des Domes zu führen. Möglicherweise haben auch schon die Römer auf diesem Weg kaltes Wasser zu ihren Thermen geschafft. Die Umleitung wurde Pau genannt, der kleine natürliche Wasserlauf erhielt den Namen Paunelle, was soviel heißt wie kleine Pau. Heute ist die künstliche Umleitung nicht mehr nötig und so fließt das Wasser in einem Kanal, der dem natürlichen Bachlauf weitgehend folgt. Sichtbarer Beginn des Bachlaufs der Pau ist der Tritonenbrunnen (Triton – griechischer Gott des Wassers), im Volksmund auch „Wassermann“ genannt, der in der Nähe des Brüsseler Rings auf dem Mittelstreifen der Kaiser-Friedrich-Allee zu finden ist. Unterhalb des Beckens fließt ein kleiner Bachlauf in Richtung Hangeweiher.

Auf der Seite „Die Zuflüsse zum Hangeweiher“ finden sich weitere Erläuterungen zu den Quellen von Pau und Paunelle sowie ihren Nebenbächen. 

Die historische Pau

Den weiteren Verlauf der Pau ab Hangeweiher markiert der Standort der „Gebrannten Mühle“. Diese gab einer Studentenwohnanlage ihren Namen. Gebäudeteile der alten Mühle, die zuletzt als Tuchfabrik betrieben wurde, liegen noch heute schön restauriert in einem gepflegten Garten nahe der Hohenstaufenallee. Weiter floss die Pau in Richtung Stadtzentrum. Etwa beim heutigen Hubertusplatz, wo früher des Rostor stand, passierte das Wasser die äußere Stadtmauer. Das Rostor war im Gegensatz zum höher gelegenen Jakobstor relativ unbedeutend, weil es nicht an einer großen Straße lag. Durch das Jakobstor kamen die Reisenden von Lüttich und weiter her, durch das Rostor gingen wahrscheinlich nur Anwohner der Rosviertels auf die umliegenden Weiden und Felder. Dennoch war das Rostor bewacht, da der Bachdurchlass einen Schwachpunkt in der Stadtbefestigung darstellte. Direkt von hier aus versorgte eine eigene Wasserleitung das Domkapitel mit frischem Wasser. Der Bachkanal floss etwas oberhalb der heutigen Stromgasse, die ihren Namen ebenfalls der Pau verdankt. Früher wurde die Pau auch als „Reichsstrom“ bezeichnet. Am heutigen Mühlenberg lag die Rosmühle, erwähnt 1219 als Eigentum der Klosters auf dem Salvatorberg, erst Mahlmühle, ab dem 19. Jahrhundert Nadelschleifmühle und später Tuchfabik bis weit ins 20. Jahrhundert. Überhaupt siedelten sich vor allem zur Zeit der Industriealisierung im 19./20. Jahrhundert viele Tuch- und Nadelfabriken in diesem Stadtviertel an und errichteten großzügige Fabrikanlagen. So zum Beispiel die Firma Kesselkaul „auf Krakau“ oder die Firma Nellessen an der Mörgensstraße. Entscheidend bei der Wahl des neuen Fabrikstandorts waren die mit dem Gelände verbundenen Gerechtsame an dem sehr geschätzten weichen Paubachwasser.

Durch die heutige Paugasse führte der Bach weiter durch das Rosviertel und überquerte an der Einmündung der kleinen Straße „Venn“ den Löhergraben. Wahrscheinlich lag an der heutigen Paugasse das Gerberviertel, worauf der Name der Löhergrabens hindeutet, auch sie hatten einen hohen Wasserbedarf. Am „Venn“ stand die Kelmismühle, die unter anderem in 16. Jahrhundert als Galmeimühle zum Zerkleinern von Galmeierz für die Messingherstellung genutzt wurde. Später wurde sie auch als Nadelschauermühle, sowie als Spül-, Rauh- und Scheermühle in der Tuchproduktion verwandt. Zu dieser Zeit gehörte sie zum großen Fabrikareal der Spinnerei und Tuchfabrik Startz (ab 1821), von deren Glanzzeit heute noch das Kulturzentrum Barockfabrik erzählt. In direkter Nachbarschaft lag die Tuchfabrik von Kelleter, heute ein schönes innerstädtisches Wohnareal.

Der Paukanal floss weiter auf der Jakobstraße in Richtung Markt. An der Ecke Jakobstraße/Klappergasse ist ein Blick zurück in die Geschichte des Aachener Wassers möglich. Unter einer Panzerglasscheibe kann man eine Blausteinrinne bewundern, die an dieser Stelle bei Bauarbeiten gefunden wurde. Sie war Teil des Mühlengerinnes der Brudermühle. Der Name der Mühle verweist auf die Eigentums-Verhältnisse: sie gehörte der Bruderschaft des Marienstifts und wurde als Mahlmühle genutzt. Das Klappern der Mühlräder dürfte namensgebend für die Klappergasse gewesen sein. Auch die Pau folgte der Klappergasse in die Rennbahn, deren Name sich von dem Bachgerinne ableitet. Im Bürgersteig sind dort große Blausteinplatten eingelassen, die bei Kanalarbeiten gefunden wurden und als Abdeckplatten des früheren Paukanals dienten, der hier in Richtung Fischmarkt floss.

Auf dem Fischmarkt diente die Pau zum frisch halten der fangfrischen Fische, die aus den Flüssen und Teichen rund um Aachen kamen. Die lebenden Tiere wurden in Weidenkörben einfach in den offenen Paukanal gestellt. Später, als die Eisenbahn auch Seefisch bis nach Aachen liefern konnte, siedelten sich Fischgeschäfte am Fischmarkt an. Das letzte Fischgeschäft namens Lahaye in dem Dreikönigshaus an der Ecke Fischmarkt/Annastraße gab es noch bis in die 1970er Jahre. Vom Fischmarkt floss die Pau über die Schmiedgasse rechts in die Kleinmarschierstraße und dann links in die heutige Elisabethstraße. Früher existierte hier die Heppionsgasse, die nach der Heppionsmühle benannt war. Diese Mühle stand etwa auf Höhe des Theaterplatzes. Ursprünglich gehörte sie wie die Brudermühle zum Marienstift, wurde später von der Stadt gekauft und hatte eine wechselhafte Geschichte als Mahl-, Schauer-, Spinn- und Farbholzmühle. Allerdings gab es schon immer Probleme wegen einer zu geringen Wasserzufuhr, weshalb das Mühlrad nur zeitweilig betrieben werden konnte. Zuletzt wurde sie daher nur noch als Holz- und Wolllager genutzt.

Weiter floss die Pau quer über das Gelände des heutigen Theaters, machte einen Linksbogen in Richtung Wirichsbongardstraße und begegnete kurz vor deren Querung der Paunelle. Die Pau wurde über die Paunelle geführt, diese Stelle war lange Zeit als „Kreuzwasser“ bekannt. Diese künstliche Überquerung der Paunelle wurde nötig, weil der Paukanal höher lag als das Bett der Paunelle und weil das Wasser der Pau stark verschmutzt war. Beide Bäche flossen ein Stück parallel in Richtung Norden, die Paunelle weiter zur Adalbertstraße, wo sie dann nach Osten abbog und sich mit dem Johannisbach vereinigte. Die Pau schwenkte dagegen zunächst in die Wespien- und dann in die Reihstraße/Reihgasse ab. Bei Grabungsarbeiten für die Bebauung des ehemaligen Kaufhofparkplatzes (im Rappardplan ‚Garten Suermondt‘) in 2004 wurden Abschnitte des Paukanals wieder ausgegraben. Sie zeugen von verschiedenen Ausbau- und Nutzungsphasen des Bachs.

Ab dem Kugelbrunnen flossen beide Bäche Pau und Paunelle wieder ein Stück fast parallel quer über den heutigen Willi-Brandt-Platz und entlang der heutigen Stiftstraße auf die Stadtmauer zu. Kurz vor der Stadtmauer vereinigten sich beide Bäche. Dort wo heute das Haus Heinrichsallee Nr. 9 steht, verließ die Pau unter einem Wasserturm die Stadt und mündete in der Nähe des heutigen Rehmplatzes in die von Burtscheid her kommende Wurm. Bei Bauarbeiten wurde 2003 im Keller des Hauses das Tonnengewölbe gefunden, durch das die mittelalterliche Stadt entwässert wurde. Der Wasserturm wurde anscheinend für den Bau des Hauses abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt dürfte der Bach schon kanalisiert durch die Promenadenstraße geflossen sein.

Erwähnenswert ist noch die Obere Pletschmühle am heutigen Willi-Brandt-Platz, die zwischen Pau und Paunelle gelegen war (die Untere Pletschmühle lag vermutlich am Johannisbach). Der Name Pletschmühle wird auch als Bezeichnung für eine unterschlägige Mühle gedeutet. Das Geräusch beim Eintauchen des Mühlrades in das Wasser ergibt ein schmatzendes Geräusch, das der Mühle den Namen gab. Bereits 1265 erwähnt, wird sie 1465 als Kupfermühle, dann wieder als Mahlmühle benannt. 1830 wurde hier eine Nadelfabrik eingerichtet, das Neuß’sche Fabriketablissements, der Ursprung der Firma Schumag.

Die Paunelle – kleine Schwester der Pau

Die Paunelle ist der kleine Bach, der nach der künstlichen Ableitung der Pau im natürlichen Bett übrig blieb. Heute gibt es diese Trennung der beiden Bäche nicht mehr. Darum ist in heutigen Zeiten auch nur noch von der Pau die Rede. 

Vom Hangeweiher erfolgt der Abfluss unterirdisch. Durch die Straßen Goethestraße – Süd-/Mozartstraße – Karmeliterstraße – Franzstraße – Kapuzinergraben – Friedrich-Wilhelm-Platz – Peterstraße – Blondelstraße – Promenadenstraße – Maxstraße wird der heutige Paukanal unterirdisch durch die Innenstadt in Richtung Rehmplatz geführt. Der Weg der historischen, offenen Paunelle folgte in etwa diesem Verlauf, nur dass sie nie den Grabenring erreichte. Nordöstlich der Gebrannten Mühle betrieb sie die Schleifmühle. Diese Mühle wurde ursprünglich Mitte des 13. Jahrhunderts als Mahlmühle erbaut, ab 1600 ist sie Nadelschleifmühle und ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts Spinnerei. Eine weitere Mühle an der Paunelle stand im Stadtgraben nahe dem Paunellenturm, der die Stelle sicherte, an der das Wasser die Stadtmauer querte. Diese Mühle ist auch als Pulvermühle bekannt. Sie wurde 1721 Opfer eines Starkregenereignisses, sie wurde durch die Wassermassen einfach weg gerissen und anschließend wieder erbaut. Anscheinend gab es im weiteren Verlauf kurzzeitig weitere Mühlenstandorte, die jedoch schnell wieder im Dunkel der Geschichte verschwanden.