Bachfunktionen
Ein Bach ist weit mehr als eine lineare Hohlform, in der das Wasser bergab fließt. Der Wasserlauf bildet zusammen mit seinen Ufer- und Überschwemmungszonen – der Aue – eine Einheit. Durch seine vielfältige Struktur spielt der Talraum eine wichtige Rolle als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Gerade im Siedlungsbereich aber ist er auch für den Menschen wichtig, z.B. als Erholungs- und Erlebnisraum oder als Klimaoase.
Als Lebensraum und Rückzugsgebiet für Pflanzen und Tiere haben die Bachtäler einen unschätzbaren Wert. Die hier lebenden Pflanzen und Tiere sind an die speziellen Lebensbedingungen optimal angepaßt. Ein natürliches Bachtal weist daher eine Vielzahl verschiedenster Wuchsorte auf, wie Tief- und Flachwasserzonen, Schlamm-/Geröllbänke, Steilufer, Sumpfzonen mit Röhricht und Sauergräsern, Auenwälder, Feuchtwiesen und viele andere Biotope. Entsprechend vielfältig kann auch die Tierwelt sein: Stichlinge und Forellen, Bachflohkrebse, Libellen, Flusskrebse, Eisvogel, Graureiher, Bisam, Biber u.v.m. Durch ihre linienhafte Form bilden Bachtäler ideale Strukturen für Tierwanderungen.
Die Bäche, die den Aachener Talkessel durchfließen, können nur noch in wenigen Fällen als natürlich gelten. Eine Ausnahme hiervon stellt der Oberlauf des Beverbaches im Aachener Wald dar, der noch als weitgehend unbeeinträchtigt gelten kann. Ebenso weist der Rödgerbach im unteren Laufabschnitt noch sehr naturnahe Strukturen auf. Fast alle anderen Bäche werden schon von den Quellzonen an durch menschliche Eingriffe verändert und beeinträchtigt. Durch Fassung der Quellbereiche, durch die Anlage von Weihern und Staubecken, durch Begradigungen und Uferbefestigungen, durch Entfernen der natürlichen Flußufer- und Auengehölze sowie Weidenutzungen usw. sind sie verändert worden.
Weite Bachstrecken, vor allem im Siedlungsbereich, sind naturfern ausgebaut und ähneln mit ihren befestigten Ufern, Hochwasserdämmen und fehlender Aue mehr künstlichen Kanäle denn natürlichen Fließgewässern. Markantestes Beispiel hierfür ist die Wurm, nachdem sie am Europaplatz das Kanalnetz der Stadt verlassen hat. Praktisch nicht mehr vorhanden sind die Bäche für den nicht Ortskundigen, wo sie unterirdisch in Kanalrohren geführt werden.
Deutlich besser sieht die Situation im Süden des Stadtgebietes aus. Die Bäche, die zur Inde hin entwässern sowie die Inde selbst sind nur auf wenigen kurzen Strecken verrohrt, da sie kaum Siedlungsgebiete durchfließen. Allen voran weist Inde und Iter eine für natürliche bzw. sehr naturnahe Mittelgebirgsflüsse typische, reiche Lebensraum- und Arten-Vielfalt auf. Daher stehen weite Talbereiche auch unter Naturschutz. Problematisch sind im Inde-Einzugsgebiet teilweise noch unzureichend gereinigte Abwassereinleitungen aus dem belgischen Grenzland und Einflüße der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung des Umlandes.
Die Bachtäler dienen nicht zuletzt uns Menschen als Naherholungsgebiet, in dem wir Ruhe und Entspannung finden und uns an reizvollen Landschaftsbildern erfreuen können. Zudem filtert das Blattwerk der Bäume und Sträucher die Schadstoffe aus der Luft. Wo die Täler als „grüne Finger“ bis tief in den Siedlungsraum vordringen, bilden sie ideale Spazierwege bis in die Stadtrandbereiche. Wohnen in der Stadt und doch am Rand ist hier möglich.
Leider werden durch Bebauung diese grünen Finger immer weiter beschnitten und zerstückelt. Zwar steht naturgemäß in den Rinnenlagen das Grundwasser dicht an der Oberfläche und folglich eignen sich solche Standorte denkbar schlecht für eine Bebauung, zumal eine Wohnbebauung – trotzdem macht die Bauwut hiervor nicht Halt. Fast überall im Stadtgebiet wird der Talraum durch größere und kleinere Bauprojekt beständig verkleinert. Beispiele hierfür sind u.a. der Schwedenpark im Steffensviertel (Wurmtal) oder die Bebauung an der Alten Vaalserstraße (Dorbachtal).
Quelle: Stadt Aachen, Stadtökologischer Beitrag
Die Bachtäler, die von Westen bis Südwesten ins Stadtgebiet führen sorg(t)en durch Zufuhr frischer und reiner Luft aus dem Stadtwald für ein besseres Stadtklima. Vor allem bei wind-stillen Wetterlagen im Hochsommer sind die zufließenden Kaltluftströme sehr wichtig. Andererseits sind die Rinnenlagen bzw. Bachtäler, durch Abgase aus Industrie und Verkehr gefährdet, die sich hier bei ungünstigen Windrichtungen ansammeln.
Dieses Problem wurde von Stadtplanern lange Zeit nicht erkannt. Durch die (Quer-)Verbauung einiger ursprünglicher Bachtäler im Stadtbereich oder durch den bis zu 17 m hohen Bahndamm quer durch das Gillesbach- und Beverbachtal wurden einige Bezirke der Innenstadt von der Frischluftzufuhr abgeschnitten. Obwohl in dieser Hinsicht viele neuere Erkenntnisse vorliegen, werden die Planungs-Empfehlungen der Fachleute von der Verwaltung und von Bauherren oft weiterhin ignoriert.