Der Haarbach – im Halbkreis durch Aachens Osten
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von Birgitta Hollmann und Monika Nelißen
Der Haarbach durchfließt weitgehend offen den nordwestlichen Aachener Talkessel. Auf einer Gesamtstrecke von neun Kilometern bietet er abwechslungsreiche Teilstücke vom kanalisierten Industriebach über renaturierte Abschnitte bis zum naturnah mäandrierenden Gewässer.
Die ursprüngliche Hauptquelle des Haarbachs entsprang beim „Driescher Hof“, einem zu Kornelimünster gehörenden Ritterlehen. Die Hofanlage verschwand bei der Errichtung des neuen Wohngebietes in den 1960er Jahren. Da das Quellgebiet des Haarbachs durch die Bebauung und Versiegelung weitgehend trockengelegt wurde, stammt das Wasser überwiegend aus dem Brander Graben, der auf der anderen Autobahnseite seinen Anfang nimmt.
Ab der Trierer Straße fließt der Haarbach zwischen Autobahn und Debyestraße Richtung Gut Neuenhof, wo er eine große Teichanlage speist. Die Entstehung des Gutes ist unbekannt, urkundlich wird es erstmalig 1460 erwähnt.
Weiter fließt der Bach in einem naturnahen, gehölzbegleiteten Bett in Richtung Haarhof. Auf diesem Weg betrieb er die Harner Mühle die zwischen 1229 und 1331 als „molendino harne“ erwähnt wurde.
Auf dem Weg nach Eilendorf unterquert der Bach die Vennbahntrasse. Da er bis hierher bereits zahlreiche Straßen- und Oberflächenentwässerungen aufnehmen muss, wurde vor dem Bahndamm das Hochwasserrückhaltebecken Debyestraße in den Verlauf integriert. Es soll Eilendorf bei Starkregen vor Überflutungen schützen. Etwa bei dem Fußweg Schilderstraße nimmt der Haarbach auf der rechten Seite die vereinigten Wasser von Brander und Freunder Bach auf und wenig später noch einen weiteren Zulauf aus Deltourserb. Dieser Abschnitt bis zur Schlackstraße ist geprägt durch ein sanftes Wiesental mit großen, zum Teil sehr alten Bäumen.
Kurz vor der Schlackstraße beginnen die ersten Gewerbebetriebe am Rand von Eilendorf. Trotzdem fließt der Bach weiterhin naturnah durch die lockere Bebauung bis kurz vor den Eilendorfer Markt, wo er kurzzeitig wieder in einem Rohr verschwindet. Nördlich des Marktes, an dem Gässchen „Am Bach“ taucht er wieder auf, fließt in Richtung Birkstraße und zeigt in dem Abschnitt hinter dem Friedhof bis zum Bahndamm der Strecke nach Köln ein besonders naturnahes Erscheinungsbild mit starken Mäandern, ausgeprägten Prall- und Gleithängen und altem Baumbestand. Besonders prägend für das Landschaftsbild hier sind die steil aufsteigenden Hänge des nördlichen Aachener Talkesselrandes.
Nach der Unterquerung des Bahndamms fließt der Bach in Richtung Nirmer Platz in dessen Nähe am Schuttenhofweg 232, die einstigen Gebäude der Nirmer Mühle stehen, auch Fingerhut- oder Vinkenmühle genannt. Das eigentliche Mühlgebäude und der Mühlweiher sind nicht mehr vorhanden. Heute dienen die verbliebenen Gebäude Wohnzwecken.
Auf dem Nirmer Platz sind die Ergebnisse einer jüngeren Renaturierungsmaßnahme zu sehen. Auf 150 Metern wurde der Bach 2016 aus seinem schnurgeraden Betonbett befreit.
Ab dem Nirmer Platz bewegt sich der Haarbach auf die Eilendorfer Abwasserreinigungsanlage zu. Hinter dem letzten Industriebetrieb am Nirmer Weg mündet von links kommend der Rödgerbach ein. Die vereinigten Wasser strömen linksseitig an der Kläranlage vorbei und nehmen am Ende zusätzlich die gereinigten Abwässer auf. Auf dem Gelände der 1979 errichteten und 1993 erweiterten Kläranlage stand früher die Scheidmühle. Der Name dieser Mühle besagt, dass sie an der Grenze (Scheid) zum Aachener Reich stand. Vor 1812 wurde sie als Mahlmühle genutzt, ab 1835 war sie Nadelschauermühle. Danach wurde sie in eine Tuchrauherei umgewandelt und diente ab 1911 der Produktion von Billardtuch. Nach 1969 wurde die Mühle abgerissen.
Auch an dem Bachverlauf bei der Kläranlage wurden 2015 aufwändige Renaturierungs-Maßnahmen durchgeführt. Eine begradigte Bachstrecke von 380 Metern wurde um 190 Meter auf 570 Meter verlängert. Dazu wurden 30.000 Kubikmeter Erdreich bewegt, um eine bis zu 25 Meter breite neue Bachaue zu schaffen. Biber haben den Haarbach aufgestaut und schaffen so neue Lebensräume für Pflanzen und Tiere.
Eine Holzbrücke führt über den Haarbach nach Verlautenheide hoch, dabei passiert man eine Stelle, wo im alten, für den Bau der Kläranlage trocken gelegten Haarbachtal das gereinigte Abwasser dem Bach wieder zugeführt wird.
Nur wenig weiter, in der Bachbiegung, steht auf der nördlichen Bachseite an der Kahlgrachtstraße 54 noch heute die Kahlgrachtmühle. 1456 erstmalig erwähnt, war sie ursprünglich Mahlmühle, ab der Mitte des 16. Jahrhunderts Kupfermühle bis etwa 1670. Danach diente sie wieder als Mahlmühle bis zur Einstellung des Betriebs wegen Kriegsschäden im Jahr 1944. Heute wird das restaurierte Mühlengebäude als Heim für Kinder betrieben.
Auf dem Weg in Richtung Haaren befindet sich kurz vor der Unterquerung der Autobahn eine hohe Stauanlage. Das HRB Kahlgracht nimmt im Fall von starken Regenereignissen das Wasser auf, um die Wohngebiete von Haaren vor Überschwemmung zu schützen.
Nach der Autobahn folgt erneut ein sehr stark mäandrierender Bachabschnitt.
Der Bach kreuzt die Haarbachtalstraße kurz vor der Seniorenwohnanlage. Auf der linken Seite liegt die Welsche Mühle in Haaren, an der Mühlenstraße 19. Ihre erste Erwähnung findet die Mahlmühle 1456. Im Laufe der Geschichte wird sie auch Mühle zu Ober- oder Überhaaren genannt. Den Namen „Welsche Mühle“ erhält sie gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als sie einem Eigentümer aus dem französischen Sprachraum gehörte. 1830 wird sie als Farbholzmühle betrieben, 1861 wieder als Getreidemahlmühle. Nach der Zerstörung des Stauwehrs – „de Schluus“– am abgehenden Mühlengraben bei einem heftigen Hochwasser in 1961 wurde der Mahlbetrieb endgültig eingestellt. 1976 erfolgte eine grundlegende Restaurierung.
An der Grundschule vorbei fließt der Haarbach in Richtung Haarener Gracht und verschwindet hier wieder unter der Erde. Bis 1906/07 verlief der Bach offen durch die Alt-Haarener-Straße. Derzeit tritt der Haarbach in Haaren kaum in Erscheinung. Es gibt allerdings Anstrengungen, dies in Zukunft wieder zu ändern.
Am Tuchmacherweg tritt der Bach wieder an die Oberfläche, um wenige 100 Meter weiter von rechts in die Wurm zu münden. Auf dieser Strecke wurde der Bach bereits 2001 aus seinem Betonbett befreit und mit dichtem Begleitgrün aus Erlen und Weiden versehen.
Literatur / Quellen:
Bertram (2005) / Heimatverein Eilendorf (1990) / Sparkasse Aachen (o.D.) / Welsche Mühle (1977) / Heimatverein Haaren/Verlautenheide (1989, 2018)